Donnerstag, 8. November 2007

Crash in the land of plenty

Ich bin in San Francisco. Ich hab es also geschafft. Von einem Ende ans andere. Ich habe im Rueckblick tatsaechlich viele Menschen getroffen und viele Sachen erlebt und gesehen, die meine Sicht der Dinge veraendert haben.

Nun an der Westkueste faellt eines ganz besonders auf. Hier krachen die Kulturen aufeinander wie sonst nirgends. Der Film "Crash" z. B. zeigt ein Bild von L.A. auf, das ich nun nachvollziehen kann. Und jede Kultur dort ist eben keine Minderheit, sondern gleich stark vertreten wie die Kultur, die ein paar Blocks weiter die Strassen regiert. Ein ewiger Kampf, ein Zusammenprall, der auch schmerzhaft sein kann. In zwei Tagen habe ich von zwei Morden am hellichten Tag aus dem Fernsehen erfahren. Ich habe dort Menschen getroffen, die Gewalt dort tagtaeglich miterleben und es daher ein Teil ihres Lebens wurde. Man arrangiert sich damit und kann so trotz allem auch dort ein tolles Leben fuehren. Das faellt auf: In L.A. moechte man auch gerne ein schoenes Leben fuehren. Auch das ein Kampf. Egal, ob es dabei um kleines Haus geht oder um die grosse Villa in den Hills mit den dazugehoerigen Botox-Lippen, etc. Aber es funktioniert. L.A. hat auch mich begeistert. Auch wenn ich tatsaechlich viel zu wenig gesehen habe. Ich werde also zurueckkehren. Nicht, um dort ein Leben zu leben, aber vielleicht doch einmal laenger, als ich es in letzter Zeit noch dachte. Hier gibt es einfach viele Moeglichkeiten. Und alles umgibt eine gewisse Faszination.
Mit einem Leben in Deutschland ist dies alles nicht vergleichbar. Auch San Francisco hat viel Glanz und viel Kultur und viel Leben. Aber auch hier gibt es gewaltige Schattenseiten. All der gewaltige Sonnenschein erzeugt fast zwangsmaessig auch einen dementsprechenden Schatten. Leider sind viele der Leute, die ich hier gesehen habe, das Gegenteil von Leben. Hier enden viele Leben auf der Strasse und das scheint auch tatsaechlich genauso zu passieren. Die Armut ist immens, der Zustand auf den Strassen hier fast nicht zu ertragen. Am Anfang meiner Reise erwaehnte ich noch die extreme Armut und den extremen Reichtum in New York City. Auch wenn die Leute hier in San Francisco vielleicht nicht so reich sein sollten wie in NYC, die Armut hier ist um einiges extremer. Was geschieht mit all diesen Leuten? Wer hat das gewollt? Als ich heute ueber eine Strasse gelaufen bin, kam mir ein Obdachloser entgegen. Mitten auf der Strasse musste er sich uebergeben. Er lief einfach weiter als waere nichts. Nur den Kopf senkte er ein bisschen. Keiner nahm ihn wahr. Er nahm sich selbst nicht mehr wahr. Ein paar Sekunden spaeter war er wieder verschwunden.
Fuer all die Leute, die sich hier uebrigens gerade fragen, warum ich hier oft nur negative und heftige Erlebnisse schildere: Ich kann einfach besser darueber schreiben und ich muss es auch, um es zu verarbeiten. Ueber all den Spass den ich hatte, berichte ich Euch dann persoenlich. Ich wuesste auch nicht, wie das klingen wuerde, wenn ich hier ueber Fun, Entertainment und Casinos in Las Vegas berichte. Ist das das Leben? Fuer die Amerikaner schon. Sie saugen es foermlich auf. Hier wird verdraengt und weggeschaut. Ich kann nicht wegschauen. Auch hier in Amerika strecke ich meine Fuehler aus und ich nehme vieles wahr, was um mich herum passiert. Wenn ich das nicht tun wuerde, dann haette ich diese Reise auch nicht machen muessen. Dann haette sich zurueck in meinem Leben nichts geaendert.

Wer wissen will, wie ich mich gerade fuehle (nicht schlecht! Aber eben nachdenklich... und erschoepft), der sollte sich den Film "Land Of Plenty" von Wim Wenders anschauen. Macht es einfach. Geht in die Videothek oder ins Internet oder kauft ihn Euch. Ein Film ueber Amerika. Ein Film ueber die Paranoia, die Gesellschaft, den Crash der Kulturen, den extremen Wandel eines Landes innerhalb nur weniger Jahre. Meiner Meinung nach ist es der beste Film von Wenders und der Titel des Filmes sowie der Titelsong von Leonard Cohen stehen fuer sich. "May the lights in the land of plenty shine on the truth someday".

Und so gibt es am Schluss noch etwas, das fuer mich heute tatsaechlich noch ein Riesen-Highlight war. So hab ich mir heute ein Rad gemietet und bin damit am Strand entlang und ueber die Golden Gate Bridge gefahren. Ein wahnsinnig beindruckendes Erlebnis! Die Bilder dazu folgen noch.

Also, bitte: Schaut Euch "Land Of Plenty" an. Und schaut Euch dieses Land an!

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